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"Ich will Bilder malen"

26. November 2024

Der Graffitikünstler TASSO macht im Auftrag der Stadtwerke Meerane aus grauen Mauern farbenfrohe Hingucker. In diesem Jahr wurden drei weitere TRAFOSTATIONEN mit Motiven aus der Region verschönert.

Es ist früh am Morgen nahe Meerane. Die Sonne scheint, kein Regen ist angesagt. Mehrere Klappboxen stehen am Boden, gefüllt mit Sprühdosen in allen nur vorstellbaren Farbtönen. Voller Konzentration sprüht ein Mann mit Mundschutz große hellgraue Bögen auf eine Trafostation der Stadtwerke Meerane. Was er da tut? Die Wände der Station werden heute mit farbenfrohen Motiven gestaltet. Um mit den Farben durchzustarten, hat er vorab Schilder und Türen abgeklebt, die Wände abgebürstet und sauber grundiert. Mit einer Dose Transparenz-Schwarz überträgt er nun die Umrisse der Einzelmotive seiner DIN- A3-Entwürfe freihändig auf die Wände. Die Linien sehen aus wie dicke Bleistiftstriche. „Wenn die Umrisse getrocknet sind, fange ich mit den Farben an“, berichtet Jens Müller, der unter dem Künstlernamen TASSO seit den 90er Jahren als Graffitikünstler national und international tätig ist.

Begrüßungsgeld in Spray-Utensilien investiert

Seine Leidenschaft für die Dose entdeckte der gebürtige Meeraner wie die meisten Sprayer schon zu Schulzeiten. „Rund sieben Mark kostete eine Sprühdose im Laden zu DDR-Zeiten“, erinnert sich TASSO. Angefangen hat er mit dem Sprühen von Sprüchen, später machte er mit Schablonentechnik weiter. „Als ich mein Begrüßungsgeld in Berlin abholte, sah ich in Kreuzberg beeindruckende Tags und habe mir dann erstmal einen dicken schwarzen Marker- Filzstift gekauft. Schnell habe ich die Spraydose dann auch als Werkzeug für figürliche und Landschaftsdarstellungen entdeckt.“

 Seit 2008 ist TASSO auch als Auftragskünstler für die Stadtwerke Meerane im Einsatz. „Ich bin dankbar, dass mir bei der Motivwahl Raum für eigene Kreativität gelassen wird“, so der Künstler. „Für mich ist klar: Ich will Bilder malen. Und das ist mit den Stadtwerken als Auftraggeber möglich.“ Und auch Grit Bachmann von den Stadtwerken Meerane unterstreicht: „Zugegeben, unsere normalen Trafostationen sind keine Hingucker. Durch die Gestaltung mit Graffitikunst wollen wir, dass sie sich besser ins Landschaftsbild einfügen und durch die Motivwahl zum Erinnern und Nachdenken anregen. Als regionaler Versorger sehen wir unseren Auftrag auch darin, das Umfeld der Menschen vor Ort positiv zu gestalten.“

Drei neue Trafostationen verschönert

In diesem Jahr hat TASSO drei Trafostationen der Stadtwerke Meerane mit attraktiven Motiven verschönert. Wer in der Region unterwegs ist, kann sie vor Ort bewundern. Jedes der Motive hat eine Bedeutung. „Vor dem Entwurf habe ich mich kundig gemacht, welche Geschichte hinter der Landschaft und den Orten steckt“, berichtet TASSO. „So bin ich auf die Motive gekommen.“ Wir stellen Ihnen die Stationen hier vor:

TRAFOSTATION AM EHEMALIGEN FIRMENGELÄNDE VON DREWS

Die Trafostation am ehemaligen Firmengelände von Drews an der Äußeren Crimmitschauer Straße war schon länger kein schöner Anblick mehr, so dass sich die Stadtwerke Meerane entschieden, die Station mit Graffitikunst gestalten zu lassen. „Hier stand einst eine Weberei, dies wollte ich wieder in Erinnerung rufen und griff in meinen Motiven verschiedene Stoffmuster auf“, so TASSO. Diese Muster sind angelehnt an die teils opulenten Stoffmuster der Firma Drews, die auch Stoffe für bekannte Designer webte. Jede Seite der Station erzählt eine andere Geschichte. Auf der Rückseite der Station gestaltete TASSO etwa seinen Künstlernamen im Muster der berühmten Meeraner Schotten, karierte Stoffe, die die Stadt international bekannt machten.

TRAFOSTATION IM INDUSTRIEGEBIET ZWISCHEN MEERANE UND CRIMMITSCHAU

Die Trafostation steht im Industriegebiet zwischen Meerane und Crimmitschau inmitten von typischen Industrieflachbauten. „Früher war hier alles Feld“, erzählt TASSO. „Daher habe ich ein historisches Motiv nachempfunden.“ Eine Wand zeigt einen Bauern aus dem 19. Jahrhundert am Pferdepflug, im Hintergrund ist die Kirche von Ponitz zu erkennen. Die anderen Seiten zeigen je nach Blickrichtung auch die Kirchtürme von Dennheritz und Waldsachsen. Auf der Rückseite hat sich der Künstler passend zu den historischen Szenen mit seinem Namen selbst verewigt. Die Buchstaben seines Namens stecken in einer Vogelscheuche, wie früher gebundenen Strohballen und einer Strohrolle, wie sie heute auf den Feldern steht. „Die Technik, seinen Namen in Form von fotorealistischen Motiven zu sprühen, ist eine Spielerei, die in der Szene sehr geschätzt wird“, erklärt TASSO..

TRAFOSTATION IM GEWERBEGEBIET IN MEERANE

Die Trafostation im Gewerbegebiet in Meerane war das erste Häuschen, das TASSO 2008 für die Stadtwerke gestaltet hatte. Zum Jubiläum „850 Jahre Meerane“ schenkte die thüringische Gemeinde Ponitz der Stadt die Neugestaltung der Wände der Trafostation. „Aus diesem Anlass habe ich bei der Motivsuche in der Geschichte gekramt, was Meerane und Ponitz verbindet. Im Volksmund wird die Straße zwischen Ponitz und Meerane zum Beispiel Buttermilch genannt.“ Von einer Seite aus kann daher nun eine Milchbauern-Szene bewundert werden. Aus einer Milchkanne ergießt sich Milch zu einem Straßenverlauf. Auf der anderen Wandseite wird an ein Stadt-Original erinnert, die sogenannte Trabbi-Lady. Seitlich prangt die Merlacher Linde, unter der einst Napoleon auf dem Weg nach Leipzig Rast gemacht haben soll. Und auf der Rückseite erfreut eine Ortsansicht von Ponitz im Wandel der Jahreszeiten. Unverkennbar dazwischen – die Krähen von Ponitz, die aus der Gemeinde kaum mehr wegzudenken sind.

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